MÄRKTE USA/Zinsspekulationen setzen Wall Street heftig zu

10.01.2025 / 22:10 Uhr

Von Florian Faust

DOW JONES--Zinsängste haben die Wall Street am Freitag in die Knie gezwungen. Auslöser für die schwindenden Hoffnungen auf deutlich sinkende Leitzinsen war ein außerordentlich starker Arbeitsmarktbericht. Denn im Dezember waren deutlich mehr Stellen geschaffen worden in den USA als erwartet. Zudem sank auf die separat erfasste Arbeitslosenquote, obwohl Ökonomen auf eine Stagnation gesetzt hatten. Die US-Stundenlöhne lagen weitgehend im Rahmen der Erwartungen. Dass sich die Stimmung der US-Verbraucher ein Tick eingetrübt hatte, während Volkswirte auch hier auf eine Stagnation getippt hatten, spielte angesichts der außerordentlich starken Arbeitsmarktdaten keine Rolle.

Der Dow-Jones-Index büßte 1,6 Prozent auf 41.938 Punkte ein, S&P-500 und Nasdaq-Composite rutschten um 1,5 bzw. 1,6 Prozent ab. An der Nyse gab es nach ersten Angaben 567 (Mittwoch 1.194) Kursgewinner, 2.262 (1.594) -verlierer und 20 (52) unveränderte Aktien. Mit den starken Arbeitsmarktdaten dürfte die US-Notenbank keine Eile haben, die Zinsen weiter zu senken. Händler erwarten nun eine Zinssenkungspause, die sich über die Sitzungen im Januar, März und Mai erstreckt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed die Zinsen auch im Juni beibehalten wird, wurde am Zinsterminmarkt mit einer Wahrscheinlichkeit von klar über 40 Prozent eingepreist. Die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank die Zinsen in diesem Jahr überhaupt nicht senkt, lag zuletzt bei 28 Prozent nach zuvor 13,4. Vor einem Monat hatten die Märkte diese Möglichkeit noch für gänzlich unwahrscheinlich gehalten.

Die Zinsspekulationen des Marktes untermauerte letztlich die zuletzt geäußerte Vorsicht zu möglichen Zinssenkungen durch Fed-Vertreter. Aus dem Protokoll der Dezember-Sitzung war jüngst zu entnehmen gewesen, dass sich einige Mitglieder des Offenmarktausschusses stärker auf mögliche Auswirkungen der Handelspolitik des designierten Präsidenten Donald Trump auf die Inflation konzentrieren. "Wenn der Vorsitzende Jerome Powell und andere bei der Fed behaupten, dass der Arbeitsmarkt keine Quelle des Inflationsdrucks mehr darstellt, halte ich diese Erklärung für verfrüht", urteilte US-Chefökonom Stephen Stanley von Santander.

Versicherungs- und Technologiewerte unter Druck

Die versicherten Schäden aus den verheerenden Waldbränden an der Westküste der USA werden voraussichtlich die Marke von 20 Milliarden US-Dollar übersteigen. Damit wäre es die teuerste Naturkatastrophe in der Geschichte Kaliforniens, so die Analysten von JP Morgan. Unter den börsennotierten Versicherern sind Allstate (-5,6%), Travelers (-4,3%) und Chubb (-3,4%) laut JP Morgan am stärksten in Kalifornien engagiert. Mercury General brachen um 19,9 Prozent ein, Lemonade stürzten um 6,2 Prozent ab - der Versicherungssektor im S&P-500 büßte 2,2 Prozent ein.

Laut einem Bericht plant Noch-Präsident Joe Biden vor seinem Abgang eine finale Runde von Exportbeschränkungen im Hochtechnologiebereich. Nvidia gaben um 3 Prozent nach, Broadcom sanken um 2,2 Prozent und Advanced Micro Devices um 4,8 Prozent - auch belastet durch eine Abstufung von Goldman Sachs. Der Halbleitersektor verlor 2,7 Prozent - auch belastet durch die stark gestiegenen Marktzinsen.

Renditen und Dollar profitieren

Mit der Aussicht auf ein gebremstes Zinssenkungstempo der Fed reagierten Rentenrenditen und Dollar mit deutlichen Aufschlägen. Während der Dollar-Index 0,4 Prozent gewann, gerieten die Rentennotierungen unter Druck und drückten die Renditen stark nach oben. Die Rendite 30-jähriger US-Staatspapiere sprang auf das höchste Niveau seit November 2023.

Etwas überraschend legte auch der Goldpreis kräftig zu. "Die Stärke des Goldes nach einem robusten Arbeitsmarktbericht mag untypisch erscheinen, da dies normalerweise auf einen stärkeren Dollar und höhere Renditen hindeutet, was Gegenwind für Gold bedeutet", erläuterte Marktstratege Alex Ebkarian von Allegiance Gold. "Aber diese Reaktion unterstreicht ein breiteres Unbehagen unter Anlegern - sie spiegelt tiefer liegende Ängste über strukturelle Probleme wie unhaltbare Schuldenstände, überbewertete Märkte und geopolitische Unsicherheit wider."

Mit deutlichen Aufschlägen zeigten sich auch die Ölpreise. Die Notierungen für Brent und WTI stiegen um knapp 4 Prozent. Der Markt spiele mögliche Versorgungsunterbrechungen und die Erwartung einer stärkeren Heizölnachfrage aufgrund der kälteren Temperaturen, hieß es. Dazu kämen übergeordnet die Aussicht auf strengere US-Sanktionen gegen Russland und den Iran sowie der Rückgang der russischen Exporte auf dem Seeweg. Die starken Arbeitsmarktdaten schüren zudem die Spekulation auf eine steigende Nachfrage.

Walgreens überzeugt

Unter den Einzeltiteln haussierten Walgreens Boots Alliance um 27,5 Prozent. Mit den Geschäftszahlen für das erste Quartal hatte die Apothekenkette die Erwartungen übertroffen.

Constellation Energy sprangen um 25,2 Prozent empor - der Anbieter grüner Energie übernimmt Calpine für 26,6 Milliarden US-Dollar und steigt zum Branchenprimus auf. Nach Gewinnkennziffern über Markterwartung und einem optimistischen Ausblick hoben Delta Air Lines um 9 Prozent ab. Nach schwachen Geschäftszahlen brachen die Titel des Bierkonzerns Constellation Brands um 17,1 Prozent ein.

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INDEX                 zuletzt        +/- %     absolut  +/- % YTD 
DJIA                41.938,45        -1,6%     -696,75      -1,4% 
S&P-500              5.827,04        -1,5%      -91,21      -0,9% 
Nasdaq-Comp.        19.161,63        -1,6%     -317,25      -0,8% 
Nasdaq-100          20.847,58        -1,6%     -333,38      -0,8% 
 
US-Anleihen 
Laufzeit              Rendite     Bp zu VT  Rendite VT  +/-Bp YTD 
2 Jahre                  4,38        +11,6        4,26       14,0 
5 Jahre                  4,58        +12,3        4,46       20,0 
7 Jahre                  4,68         +8,3        4,60       20,1 
10 Jahre                 4,76         +7,8        4,68       19,2 
30 Jahre                 4,95         +1,8        4,94       17,4 
 
DEVISEN               zuletzt        +/- %    Fr, 8:30  Do, 17:20   % YTD 
EUR/USD                1,0244        -0,5%      1,0290     1,0297   -1,1% 
EUR/JPY                161,59        -0,8%      162,96     162,69   -0,8% 
EUR/CHF                0,9391        -0,1%      0,9392     0,9393   +0,1% 
EUR/GBP                0,8390        +0,3%      0,8373     0,8374   +1,4% 
USD/JPY                157,71        -0,3%      158,40     158,00   +0,2% 
GBP/USD                1,2209        -0,8%      1,2288     1,2297   -2,4% 
USD/CNH (Offshore)     7,3621        +0,1%      7,3524     7,3571   +0,4% 
Bitcoin 
BTC/USD             94.748,55        +2,4%   94.321,40  94.266,10   +0,1% 
 
ROHÖL                 zuletzt  VT-Settlem.       +/- %    +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex               76,68        73,92       +3,7%      +2,76   +6,9% 
Brent/ICE               79,68        76,92       +3,6%      +2,76   +6,5% 
GAS                            VT-Settlem.                +/- EUR 
Dutch TTF              45,445        45,23       +0,5%      +0,22  -10,5% 
 
METALLE               zuletzt       Vortag       +/- %    +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)          2.692,43     2.669,73       +0,9%     +22,70   +2,6% 
Silber (Spot)           30,36        30,13       +0,7%      +0,22   +5,1% 
Platin (Spot)          958,63       960,95       -0,2%      -2,33   +5,7% 
Kupfer-Future            4,28         4,29       -0,1%      -0,00   +6,9% 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
=== 

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/DJN/flf

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January 10, 2025 16:09 ET (21:09 GMT)

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