POLITIK-BLOG/Ökonomin: Mittel nicht für Wahlgeschenke missbrauchen
05.03.2025 / 14:26 Uhr
Die Übersicht in Kurzmeldungen zu Entwicklungen, Ergebnissen und Einschätzungen rund um die bundesdeutsche Politik:
Ökonomin: Mittel dürfen jetzt nicht für Wahlgeschenke missbraucht werden
Die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hat die Pläne von Union und SPD zu einer Lockerung der Schuldenbremse und einem neuen Sondervermögen begrüßt - aber auch davor gewarnt, die Mittel für Wahlgeschenke zu missbrauchen. Angesichts der internationalen Lage sei eine schnelle Reaktion der voraussichtlichen Bundesregierung dringend erforderlich gewesen, sagte Schnitzer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Es ist deshalb sehr gut, dass dies gelungen ist und ein Plan für die Finanzierung der erforderlichen Verteidigungsausgaben sowie von dringenden Infrastrukturmaßnahmen entwickelt wurde." Das sei ein wichtiges Signal an Trump und Putin. Es dürfe nun aber nicht passieren, dass dringend erforderliche Strukturreformen ausblieben und die neuen Spielräume genutzt würden, um doch noch diverse Wahlgeschenke einzulösen, die nicht wachstumsförderlich seien, warnte die Ökonomin.
Schularick lobt schwarz-rote Einigung zur Lockerung der Schuldenbremse
Der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, hat die Einigung von Union und SPD zur Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben begrüßt. "Mein Eindruck ist, dass Friedrich Merz und sein Team die Größe der Herausforderung verstanden haben", sagte er dem Spiegel mit Blick auf CDU-Chef Merz. "Ich halte es für sehr sinnvoll, die Verteidigungsinvestitionen teilweise von der Schuldenbremse auszunehmen. Es macht den Staat auch in künftigen Krisen handlungsfähig und erlaubt langfristige Planung." Genau das sei schon seit Langem sein Vorschlag gewesen. Schularick befürwortet auch, das Geld für Nuklearwaffen zu verwenden. "Die atomare Aufrüstung ist sicherlich ein wichtiger Teil der Abschreckung und ein Bereich, wo wir mit Frankreich gemeinsam neue Wege gehen müssen", sagt er. "Was Europa fehlt, sind vor allem taktische Nuklearwaffen, aber auch Hyperschall-Trägersysteme, damit sie schnell ans Ziel gelangen." Daran hänge eine ganze Infrastruktur von Raketentechnologie, die es zu entwickeln gilt.
DIHK: Schulden allein lösen keine Probleme
Deutschland benötigt nach der Verständigung von Union und SPD auf ein schuldenfinanziertes Ausgabenpaket nach Ansicht der Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) jetzt erst recht wirtschaftliches Wachstum. "Wir stehen alle gemeinsam vor großen Herausforderungen. Gerade auch für die Wirtschaft ist äußere Sicherheit eine unverzichtbare Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg. Schulden allein lösen aber keine Probleme", erklärte DIHK-Präsident Peter Adrian. Solide Staatsfinanzen und sicherer Wohlstand kämen in erster Linie durch wirtschaftliches Wachstum. Deshalb müsse Wirtschaftspolitik mit einem umfassenden Paket an Reformen und Wachstumsimpulsen jetzt Priorität haben. "Wir brauchen ein Reformpaket mit großen Freiräumen und spürbar weniger Regulierung sowie Kostenentlastungen für Betriebe und einen schnelleren Staat. Denn es kommt jetzt darauf an, dass insbesondere auch Unternehmen am Standort Deutschland wieder investieren können", sagte Adrian.
BDI: Union und SPD haben Ernst der Lage erkannt
Der Bundesverband der Deutschen Industrie sieht in der Einigung von Union und SPD auf ein Finanzpaket für Infrastruktur und Verteidigung ein wichtiges Signal. "CDU und SPD haben den Ernst der Lage erkannt", sagte Tanja Gönner, BDI-Hauptgeschäftsführerin. "Das ist ein wichtiges Signal, um die gefährliche Abwärtsspirale aus ausbleibenden Investitionen und Wachstumsschwäche zu stoppen und verteidigungsfähig zu werden. Zusätzliches Geld allein wird es nicht richten." Zentral sei, dass die getroffenen Entscheidungen von beherzten Strukturreformen begleitet werden. Der effiziente Einsatz von Mitteln müsse oberste Priorität haben, nicht nur beim Sondervermögen, sondern im gesamten Haushalt. Das Sondervermögen für Infrastruktur sei mehr als ein Konjunkturpaket, denn es gebe der Wirtschaft die Möglichkeit, über zehn Jahre hinweg überfällige Investitionen in die Zukunft nachzuholen. Es sei zudem angesichts der sich weiter verschärfenden sicherheitspolitischen Situation in Europa dringend notwendig, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen.
Familienunternehmen entsetzt über Zerstörung der Schuldenbremse
Der Verband Die Familienunternehmen zeigen sich entsetzt über Zerstörung der Schuldenbremse. "Die Union hat sich beim Wunsch, sicherheitspolitisch den großen Wurf zu landen, von SPD und Grünen über den Tisch ziehen lassen. Von Wirtschaftsreformen oder einer Stabilisierung der Sozialversicherungen ist keine Rede mehr", sagte Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands Die Familienunternehmer. "Ich kann nur entsetzt den Kopf schütteln beim Blick auf die gigantischen 500 Milliarden Euro Sonder-Schulden für die Infrastruktur." Der Verband lehne dies ab. Grundsätzlich sehe der Verfassungsgesetzgeber Ausnahmen von der Schuldenbremse - auch in Form von Sonder-Schulden - lediglich im Fall von Notlagen vor. Eine marode Infrastruktur sei jedoch kein unvorhergesehenes Ereignis, welches nicht auch im regulären Haushalt zu berücksichtigen gewesen wäre. Zudem sei der Begriff "Infrastruktur" bedenklich weit gefasst und berge riesige Missbrauchsgefahren. Angesichts der gewaltigen Dimension stelle sich außerdem die Frage nach Zins- und Tilgungslasten. "Wenn die Töpfe mal leer sind und nur noch die Kosten bleiben, werden sich alle Unternehmerinnen und Unternehmer wundern, wie schnell Grundsteuer, Gewerbesteuer, Erbschaftsteuer steigen werden", warnte sie.
FDP unter Umständen bereit für Zustimmung zur Reform der Schuldenbremse
Die FDP ist nach den Worten ihres Fraktionschefs Christian Dürr unter Umständen bereit, die Ausnahme der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse mitzutragen. "Höhere Verteidigungsausgaben außerhalb der Schuldenbremse könnten wir mittragen, denn die Stärkung der Truppe hat in diesen Zeiten Priorität", sagte Dürr der Rheinischen Post. "Was aber nicht passieren darf, ist, dass die dauerhaften Verteidigungsausgaben auf 1 Prozent reduziert werden, damit die SPD mehr Spielgeld im Haushalt zur Verfügung hat. Im Gegenteil: Die regulären Verteidigungsausgaben müssen fest bei 2 Prozent verankert werden, denn sie sorgen für Planungssicherheit und Verlässlichkeit bei der Bundeswehr. Darüber werden wir mit der Union sprechen", sagte Dürr. "Ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für Infrastruktur, das alles Mögliche beinhaltet, ist für die FDP kein gangbarer Weg", betonte er. "Es ist offen gestanden enttäuschend, dass Herr Merz nicht einmal den Versuch unternimmt, Reformen umzusetzen, sondern alle Herausforderungen direkt mit Geld zuschüttet. Damit bricht die Union auch ein zentrales Wahlversprechen", so Dürr.
Familienunternehmen: Können strukturellen Probleme nicht nur Geld lösen
Die Familienunternehmen haben davor gewarnt, angesichts der geplanten neuen Ausgabenprogramme die Ursachen für Deutschlands konjunkturellen Probleme zu vernachlässigen. "Wir können die strukturellen Probleme nicht nur mit mehr Geld lösen. Höhere Schulden für die Verteidigung sind sicherlich unvermeidlich. Um den Investitionsstau in Deutschland aufzulösen, braucht es aber viel mehr als neue Kreditpakete", sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik. Für die Ankurbelung privater Investitionen seien schnelle Genehmigungen, weniger Bürokratie und Unternehmensteuersenkungen erforderlich. "Und was wir überhaupt nicht brauchen, wäre eine schuldenfinanzierte Reparatur der Infrastruktur und die Verwendung dadurch frei werdender Mittel für konsumtive Zwecke wie etwa neue Sozialprogramme", sagte er.
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March 05, 2025 08:25 ET (13:25 GMT)
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