KONJUNKTUR IM BLICK/EZB senkt die Zinsen - Fed hält still

24.01.2025 / 15:39 Uhr

Von Hans Bentzien

DOW JONES--Nun muss geschieden sein: Nach drei Zinssenkungen im Gleichschritt trennen sich in der kommenden Woche die geldpolitischen Wege von Europäischer Zentralbank (EZB) und Federal Reserve. Während die EZB am Donnerstag angesichts trüber werdender Wachstumsaussichten erneut eine Zinssenkung um 25 Prozent beschließen dürfte, dürfte die Fed am Mittwoch eine womöglich längere Zinspause einlegen. Die Inflation ist weiterhin zu hoch, und sowohl der robuste Arbeitsmarkt als auch die wirtschaftspolitische Agenda des US-Präsidenten machen wenig Hoffnung, dass sich daran bald etwas ändern wird.

Wichtige Konjunkturdaten stehen ebenfalls an: Inflationszahlen aus den USA und Europa, EZB-Berichte zu Kreditvergabe, Kreditstandards und Kreditnachfrage sowie BIP-Zahlen für die USA, Deutschland und den Euroraum.

EZB senkt Leitzinsen um 25 Basispunkte - Guidance unverändert

Der EZB-Rat dürfte eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 2,75 Prozent beschließen und ansonsten an seiner inzwischen bewährten Methode festhalten, über den weiteren Gang der Geldpolitik auf Basis aktueller Daten und von Sitzung zu Sitzung zu entscheiden. Das bedeutet: Zumindest keine direkten Aussagen zur Wahrscheinlichkeit weiterer Zinssenkungen im Jahresverlauf. Gleichwohl wird es in der Pressekonferenz von EZB-Präsidentin Christine Lagarde um genau das gehen: Herauszufinden, wie die Neigung des Rats ist, die Geldpolitik weiter zu lockern - wie schnell und bis zu welchem Grad.

Die Zinsentscheidung wird am Donnerstag (14.15 Uhr) bekannt gegeben, gegen 14.45 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit Lagarde.

Aktuelle Verbraucherpreisdaten liegen der EZB noch nicht vor, aber einen Tag später kommen Zahlen aus Spanien (9.00 Uhr) und am Freitag (14.00 Uhr) aus Deutschland - die Euroraum-Daten werden am Montag der Folgewoche veröffentlicht. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) Deutschlands gegenüber dem Vormonat um 0,1 Prozent gesunken ist und um 2,9 (Dezember: 2,8) Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats lag. Für Spanien wird ein Rückgang der HVPI-Inflation auf 2,5 (2,8) Prozent prognostiziert und für Frankreich ein Anstieg auf 1,9 (1,8) Prozent.

Noch vor dem EZB-Rat werden aber die Ergebnisse des Quartalsberichts zur Kreditvergabe (Dienstag, 10.00 Uhr) und zum Bruttoinlandsprodukt (Donnerstag, 11.00 Uhr) veröffentlicht.

Euroraum-BIP steigt im vierten Quartal etwas

Das Wirtschaftswachstum des Euroraums dürfte sich im vierten Quartal deutlich abgeschwächt haben. Volkswirte erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 0,1 Prozent gestiegen ist, nachdem es im dritten Quartal noch um 0,4 Prozent angezogen hatte. Am Morgen, vor den Euroraum-Daten, kommen bereits Zahlen aus Frankreich und Deutschland.

Deutsches BIP sinkt im vierten Quartal leicht

Deutschlands Wirtschaftsleistung ist im vergangenen Jahr um 0,2 Prozent gesunken und dürfte auch im vierten Quartal 2024 zurückgegangen sein. Volkswirte erwarten, dass das BIP um 0,1 Prozent gesunken ist, nachdem es im dritten Jahresviertel um 0,1 Prozent gestiegen war. Das entspricht der informellen Schätzung, die das Statistische Bundesamt (Destatis) bei der Veröffentlichung des BIP für 2024 abgegeben hatte. Einen Ausblick auf das erste Quartal wird der Ifo-Geschäftsklimaindex erlauben, der am Montag (10.00 Uhr) veröffentlicht wird. Volkswirte erwarten eine Stagnation bei 84,7 Punkten.

EZB informiert über Kreditangebot und -nachfrage

Die Banken des Euroraums hatten ihre Kreditstandards im dritten Quartal 2024 erstmal seit zwei Jahren nicht mehr gestrafft, während zugleich die Nachfrage der Unternehmen nach Krediten wieder zunahm. Dieses Ergebnis fiel besser aus als von den Instituten selbst bei vorherigen Berichten prognostiziert. Für das vierte Quartal hatten die Banken wiederum eine Straffung der Kreditstandards in Aussicht gestellt. Was daraus geworden ist, wird sich bei der nun anstehenden Veröffentlichung des Quartalsberichts zur Kreditvergabe zeigen.

Fed stoppt Zinssenkungen bis März oder Mai

Ökonomen und Börsianer gehen davon aus, dass die US-Notenbank ihren Leitzins bei der anstehenden Sitzung stabil halten wird. Die Zinstermingeschäfte preisen eine Wahrscheinlichkeit von 99,5 Prozent dafür ein, dass der Leitzins in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent bleiben wird. Und die zuletzt soliden Beschäftigungszahlen lassen erwarten, dass die Zentralbank die Zinsen noch eine Weile auf ihrem Niveau belassen wird. Gegenwärtig wird eine Zinssenkung weder für März noch für Mai eingepreist.

Vertreter der Federal Reserve haben sich zuletzt unterschiedlich zu den Aussichten für die Geldpolitik geäußert. Die Präsidentin der Cleveland-Fed, Beth Hammack, betonte, dass "wir immer noch ein Inflationsproblem haben", und der Chef der Chicago-Fed, Austan Goolsbee, sagte, er sei weniger besorgt über eine Verlangsamung des Arbeitsmarktes. Derweil sagte Fed-Gouverneur Chris Waller, dass Zinssenkungen früher erfolgen könnten als von den Märkten erwartet.

US-BIP sinkt langsamer - PCE-Inflation nimmt zu

Wichtige US-Daten werden erst nach der Zinsentscheidung veröffentlicht: Das BIP (Donnerstag, 14.30 Uhr) dürfte laut Factset-Konsens im vierten Quartal gegenüber dem Vorquartal aufs Jahr hochgerechnet um 2,3 (drittes Quartal: 3,1) Prozent gestiegen sein.

Der Preisindex der persönlichen Konsumausgaben (PCE-Deflator) dürfte im Dezember mit einer Jahresrate von 2,6 (November: 2,4) Prozent gestiegen sein. Für den von der US-Notenbank als Inflationsmaß favorisierten Kern-PCE-Index wird eine Jahresrate von 2,8 (2,8) Prozent prognostiziert. Die Daten werden am Freitag (14.30 Uhr) veröffentlicht.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/sha

(END) Dow Jones Newswires

January 24, 2025 09:38 ET (14:38 GMT)

zur Übersicht mit allen Meldungen

ein Service von
DOW JONES

Copyright © 2025 Tradegate Exchange GmbH
Bitte beachten Sie das Regelwerk

DAX®, MDAX®, TecDAX® und SDAX® sind eingetragene Markenzeichen der ISS STOXX Index GmbH
EURO STOXX®-Werte bezeichnet Werte der Marke „EURO STOXX“ der STOXX Limited und/oder ihrer Lizenzgeber
TRADEGATE® ist eine eingetragene Marke der Tradegate AG

Kurse in EUR; Fremdwährungsanleihen in der jeweiligen Währung
Zeitangaben in CET (UTC+1)