Bitkom: Deutschlands digitale Abhängigkeit steigt - Unruhe wegen Trump
15.01.2025 / 10:00 Uhr
Von Andrea Thomas
DOW JONES--Die deutsche Wirtschaft ist angesichts ihrer steigenden Abhängigkeit von digitalen Importen beunruhigt wegen der bevorstehenden US-Präsidentschaft von Donald Trump. Laut dem Digitalverband Bitkom könnte dies zur Herausforderung für die Digitalisierung Deutschlands werden. Eine Befragung des Verbands zeigt, dass 81 Prozent der Unternehmen sich abhängig sehen vom Import digitaler Technologien und Leistungen aus den USA, wobei 40 Prozent "eher abhängig" und 41 Prozent "stark abhängig" sind. Insgesamt 87 Prozent importieren digitale Geräte und Services aus den Vereinigten Staaten, 60 Prozent exportieren digitale Güter und Dienstleistungen dorthin. Ohne Digitalimporte würde laut Umfrage jedes zweite Unternehmen kein Jahr überleben können.
Trumps zweite Präsidentschaft werde eine Herausforderung für Deutschland und Europa, so Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. "Zwar werden die USA einer unserer wichtigsten Partner bleiben, dennoch müssen wir uns ab sofort stärker, resilienter und chancenorientierter aufstellen und technologisch wie wirtschaftlich unabhängiger werden. Die neue Bundesregierung muss die Wirtschaft wieder in den Mittelpunkt der Politik stellen und digitale Souveränität zum Top-Thema machen", forderte er.
Die Umfrage unter 600 Unternehmen hat ergeben, dass jeweils die Hälfte der Unternehmen sich gezwungen sieht, durch Trumps Wahlsieg ihre Geschäftsstrategie anzupassen (56 Prozent) bzw. voraussichtlich ihre Lieferketten zu ändern (50 Prozent). Zudem fordern mit 95 Prozent praktisch alle Unternehmen, dass Deutschland sich unabhängiger von den USA machen müsse.
Vor der Amtsübernahme der Regierung Trump in Washington blickt die deutsche Wirtschaft damit laut Bitkom ähnlich kritisch in die USA wie nach China. Denn 79 Prozent sehen sich abhängig vom Import digitaler Technologien und Leistungen aus China, 35 Prozent "eher abhängig" und 44 Prozent "stark abhängig". Zwei Drittel (68 Prozent) zeigen sich über die politische Dominanz Chinas besorgt.
Import vor allem von Smartphones und Laptops
Mit Blick auf die Digitalimporte sind die 90 Prozent Unternehmen in Deutschland auf den Einkauf aus dem Ausland von Endgeräten wie Smartphones oder Laptops abhängig. Drei Viertel beziehen Software-Anwendungen und 72 Prozent Cybersicherheits-Anwendungen wie beispielsweise Firewalls aus dem Ausland. Digitale Bauteile bzw. Hardware-Komponenten wie etwa Chips, Halbleiter oder Sensoren importieren 69 Prozent, bei digitalen Geräten und Maschinen etwa für die Produktion sind es laut Bitkom-Umfrage 66 Prozent. Die Hälfte der deutschen Unternehmen (50 Prozent) bezieht digitale Dienstleistungen wie etwa die Programmierung von Apps oder die IT-Beratung von außerhalb Deutschlands.
Die wichtigsten Herkunftsländer und -regionen für Digitalimporte sind dabei die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und China. Aus der EU und den USA beziehen jeweils 87 Prozent der Unternehmen digitale Technologien oder Services. China folgt als Bezugsland auf Rang drei, denn 78 Prozent der Unternehmen importieren von dort digitale Technologien oder Services. Mit weitem Abstand folgen Taiwan und Japan mit 41 bzw. 36 Prozent.
Digital-Exporte gehen mit 92 Prozent zum überwiegenden Teil aus Deutschland in EU-Staaten, aber mit 60 Prozent auch in die USA und mit 55 Prozent nach Japan.
Die hohe Abhängigkeit bei Digitalimporten hat der Umfrage zufolge einen Großteil der Unternehmen bereits zu Gegenmaßnahmen veranlasst. Demnach haben 59 Prozent aus diesem Grund ihre Lieferanten diversifiziert. Ebenfalls 59 Prozent haben aufgrund politischer Entwicklungen Geschäftsbeziehungen in bestimmte Länder stark reduziert, während 42 Prozent ihre Lagerbestände vergrößert haben.
"Es ist ein ermutigendes Signal, dass die deutsche Wirtschaft sensibel und mit konkreten Maßnahmen auf die Abhängigkeiten bei Digital-Importen reagiert", sagte Wintergerst. "Die meisten Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt. Wichtig ist, dass die Politik diese Bemühungen wirksam flankiert, insbesondere durch innovations- und investitionsfördernde Rahmenbedingungen."
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
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