Bundesbank sieht erhöhte Risiken bei Gewerbeimmobilien
21.11.2024 / 11:03 Uhr
Von Hans Bentzien
DOW JONES--Die Deutsche Bundesbank stellt angesichts schwacher Wachstumsaussichten und zunehmender geopolitischer Herausforderungen den Markt für Gewerbeimmobilien unter besondere Beobachtung. "Das Finanzsystem steht vor akuten Herausforderungen aufgrund geopolitischer Spannungen und einer schwachen Wirtschaft. Die Wirtschaft befindet sich außerdem im Wandel. In der Aufsicht sorgt dies vor allem mit Blick auf den Gewerbeimmobiliensektor für erhöhte Aufmerksamkeit", sagte Michael Theurer, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2024. Die Bundesbank sieht hier "erhöhte Risiken".
Von Interesse ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung von offenen Gewerbeimmobilienfonds, deren Liquiditätsrisiken die Entwicklungen am Gewerbeimmobilienmarkt verstärken könnten. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos hatte am Vortag mit Blick auf das Engagement solcher Fonds in Nordeuropa gesagt: "Die sinkenden Marktpreise spiegeln sich nicht wirklich in der Bewertung von Fonds, die auf Gewerbeimmobilien spezialisiert sind, die Bewertungen reflektieren nicht vollkommen die Intensität des Preisrückgangs."
Gewerbeimmobilien sind illiquide Anlagen, deren Veräußerung häufig mehrere Monate dauern kann. Deswegen halten Immobilienfonds liquide Mittel, um Anteilsscheinrückgaben bedienen zu können. Wenn die Manager von Immobilienfonds in dieser schwierigen Marktsituation zuerst die leichter verkäuflichen Vermögenswerte veräußern und die weniger attraktiven im Fonds behalten, verschlechtert sich das Risiko-Rendite-Verhältnis für die verbleibenden Anleger.
Damit haben die Fondsanleger einen Anreiz, bei Problemen möglichst früh Mittel abzuziehen (First-Mover Advantage). Bislang war dieser Verstärkungskanal dadurch begrenzt, dass die Risiken im Gewerbeimmobilienmarkt bei nur wenigen Finanzintermediären eingetreten sind und regulatorische Vorgaben die Liquiditätsrisiken der Publikums-Immobilienfonds begrenzen. Kündigungs- und Mindesthaltefristen sowie Liquiditätsanforderungen begrenzen die Geschwindigkeit, mit der die Liquiditätsrisiken bei offenen Publikumsfonds für Immobilien eintreten können.
Anlagerisiken aus Gewerbeimmobilien konzentrieren sich nach Angaben der Bundesbank außerdem bei einigen Lebensversicherern, insgesamt ist die Exponierung aber begrenzt. So hielten deutsche Lebensversicherer im Juni 2024 Anlagen in Gewerbeimmobilien von knapp 80 Milliarden Euro, dies entsprach gut 7 Prozent ihrer gesamten Kapitalanlagen. Rund ein Drittel der Anlagen in Gewerbeimmobilien waren Investitionen über Fremdkapitalinstrumente wie Kredite und Anleihen. Eigenkapitalinstrumente machten hingegen zwei Drittel aus. Darunter fielen auch Anlagen in Immobilienfonds, die insgesamt 23 Prozent der Anlagen in Gewerbeimmobilien von deutschen Lebensversicherern ausmachen.
Vor diesem Hintergrund bleibt das makroprudenzielle Maßnahmenpaket vom Januar 2022 nach Aussage der Bundesbank weiterhin angemessen. Es umfasst den antizyklischen Kapitalpuffer, mit dem Banken zusätzliches Kapital aufgebaut haben, um in Krisenzeiten besser gewappnet zu sein. Außerdem beinhaltet es den sektoralen Systemrisikopuffer. Dieser Puffer legt zusätzliche Kapitalanforderungen speziell für Kredite fest, die mit Wohnimmobilien unterlegt sind, um systemische Risiken zu mindern.
"Am Wohnimmobilienmarkt deutet die günstige Entwicklung auf eine langsame Entspannung bei den bis zum Jahr 2022 vergebenen Wohnimmobilienkrediten hin. Dennoch bestehen Unsicherheiten fort", befindet die Bundesbank. Insgesamt sei ein geordneter Abbau der Schwachstellen am Wohnimmobilienmarkt wahrscheinlicher geworden. Die makroprudenzielle Aufsicht werde die weiteren Entwicklungen in diesem Bereich beobachten.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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