Lagarde schlägt Europäischen Spar-Standard vor
22.11.2024 / 09:31 Uhr
Von Hans Bentzien
DOW JONES--Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), hat die Schaffung eines europäischen Spar-Standards vorgeschlagen. Lagarde sagte beim European Banking Congress in Frankfurt, gegenwärtig seien die Investitionsangebote für Kleinanleger in Europa zersplittert, undurchsichtig und teuer. "In vielen Ländern ist die Anlage komplex und wird von Finanzberatern vermittelt, denen die Menschen nicht immer vertrauen. 45 Prozent der Verbraucher geben an, dass sie nicht darauf vertrauen, dass die Beratung, die sie erhalten, in erster Linie in ihrem besten Interesse erfolgt", sagte Lagarde laut veröffentlichtem Redetext.
Wenn Privathaushalte dann doch investierten, bekämen sie zudem oft nicht das beste Angebot. "Kleinanleger in europäischen Investmentfonds zahlen beispielsweise fast 60 Prozent mehr an Gebühren als US-Kleinanleger", sagte Lagarde. Viele Europäer ließen ihr Geld daher lieber auf Sparkonten. Als Beispiel hielt die EZB-Präsidentin den anwesenden Vertretern der Finanzindustrie die Niederlande, Schweden und Dänemark vor, wo die Haushalte ihre Ersparnisse ähnlich wie die US-Amerikaner managten: Sie legten nur 10 bis 20 Prozent ihrer Assets liquide an, im europäischen Durchschnitt sei es ein Drittel.
Worum es Lagarde bei ihrem Vorschlag geht, sind nicht so sehr ein höherer Wohlstand und mehr Konsummöglichkeiten für Sparer, sondern vor allem eines: Mehr Kapital für Investition in innovative Unternehmen in Europa freizumachen. Damit es dazu komme, müsse zunächst der "Eingang" zum Kapitalmarkt freigemacht werden, forderte Lagarde.
Das soll mit besagtem Spar-Standard gelingen. "Wir brauchen für die Sparer in Europa Produkte, die zugänglich, transparent und erschwinglich sind", sagte Lagarde. Es brauche ein standardisiertes, EU-weites Paket von Sparprodukten. "Wenn diese Produkte richtig konzipiert und vertrieben werden, wären sie leicht zugänglich, das heißt, einfach zu verstehen, überall erhältlich und würden eine Reihe von Anlagemöglichkeiten bieten."
Sie würden Lagarde zufolge auch transparent sein, weil sie nach klaren Kriterien wie Diversifizierung, Gebührenstruktur und Portfoliozusammensetzung strukturiert wären. "Und sie sollten erschwinglich sein, weil die Finanzdienstleister in der Lage wären, EU-zertifizierte Produkte mit weniger Bürokratie anzubieten, während die Standardisierung zu mehr Vergleichbarkeit und Wettbewerb führen würde. Beide Effekte dürften zu einer Senkung der Gebühren führen", erläuterte die EZB-Präsidentin.
Die Attraktivität des europäischen Standards sollte nach ihrer Vorstellung auch durch die Harmonisierung der steuerlichen Anreize in den einzelnen Ländern erhöht werden.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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